Lidocain Braun 1% - Fachinformation (2024)

Document: 18.06.2013 Fachinformation (deutsch) change

HC-RA/AO/201306 Seite 1

Fachinformation

(Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels)

1.Bezeichnung des Arzneimittels

Lidocain Braun 1% Injektionslösung

2.Qualitative und quantitative Zusammensetzung

1 ml Injektionslösung enthält 10 mg Lidocainhydrochlorid 1H2O

Sonstige Bestandteile

Die vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile sieheAbschnitt 6.6

3.Darreichungsform

Injektionslösung,

klare, farblose wässrige Lösung

4.Klinische Angaben

4.1 Anwendungsgebiete

Lidocain Braun 1% ist angezeigt zur lokalen und regionalenNervenblockade.

4.2 Dosierung, Art und Dauer der Anwendung

Soweit nicht anders verordnet, gelten folgendeDosierungsempfehlungen:Grundsätzlich gilt, dass nur die kleinsteDosis verabreicht werden darf, mit der die gewünschte ausreichendeAnästhesie erreicht wird. Die Dosierung ist entsprechend denBesonderheiten des Einzelfalles individuell vorzunehmen.

Bei Applikation in Gewebe, aus denen eine schnelle Resorptionvon Substanzen erfolgt, sollte eine Einzeldosierung von 300 mgLidocainhydrochlorid 1 H2O ohne Vasokonstriktorzusatzoder 500 mg Lidocainhydrochlorid 1 H2O mit Vasokonstriktorzusatznicht überschritten werden. Bei Kindern und älteren Patienten musseine Dosisanpassung vorgenommen werden.

Für die einzelnen Anwendungsarten gelten als Einzeldosen vonLidocainhydrochlorid 1 H2O für Jugendliche über 15Jahren und Erwachsene mit einer durchschnittlichen Körpergrößefolgende Empfehlungen:

Oberflächenanästhesie bis zu 300 mg

Hautquaddeln pro Quaddel bis zu 20 mg

Infiltration bis zu 300 mg

periphere Nervenblockade bis zu 300 mg

Stellatum-Blockade bis zu 100 mg

Grenzstrang-Blockade bis zu 300 mg

Paravertebralanästhesie bis zu 300 mg

Epiduralanästhesie bis zu 300 mg

Feldblock bis zu 500 mg

Bei der Periduralanästhesie ist altersabhängig zu dosieren.Für den Lumbalbereich gelten folgende Richtwerte:

5jährige: 0,5ml pro Segment

10jährige: 0,9ml pro Segment

15jährige: 1,3ml pro Segment

20jährige: 1,5ml pro Segment

40jährige: 1,3ml pro Segment

60jährige: 1,0ml pro Segment

80jährige: 0,7ml pro Segment.

Lidocainhydrochlorid 1 H2O kann mit einemvasokonstriktorischen Zusatz, wie z. B. Epinephrin, zurWirkungsverlängerung kombiniert werden; bewährt hat sich einEpinephrinzusatz von 1:100000 bis 1:200000.

Bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand bzw.veränderter Plasmaeiweißbindung (z. B. Niereninsuffizienz,Leberinsuffizienz, Karzinomerkrankungen, Schwangerschaft) müssengrundsätzlich kleinere Dosen angewendet werden.

Bei Patienten mit Niereninsuffizienz wird eine verkürzteWirkzeit der Lokalanästhetika beobachtet. Dies wird auf einenbeschleunigten Transport des Lokalanästhetiku*ms in die Blutbahn,durch Azidose und gesteigertes Herz-Zeit-Volumenzurückgeführt.

Bei Lebererkrankungen ist die Toleranz gegenSäureamid-Lokalanästhetika herabgesetzt. Verantwortlich hierfürwird ein verminderter hepatischer Metabolismus gemacht sowie eineverringerte Proteinsynthese mit einer daraus resultierendenniedrigeren Plasmaproteinbindung von Lokalanästhetika. In diesenFällen wird ebenfalls eine erniedrigte Dosis empfohlen.

Bei Patienten mit zerebralem Anfallsleiden muss verstärkt aufdie Manifestation zentralnervöser Symptome geachtet werden. Auchbei nicht hohen Lidocainhydrochlorid 1 H2O-Dosen muss mit einergesteigerten Krampfbereitschaft gerechnet werden. BeimMelkersson-Rosenthal-Syndrom können allergische und toxischeReaktionen des Nervensystems auf Lokalanästhetika vermehrtauftreten.

Bei Patienten mit Zeichen einer Herzinsuffizienz oderklinisch relevanten Störungen der kardialen Erregungsbildung und-ausbreitung ist die Dosis zu reduzieren und eine stete Kontrolleder Funktionsparameter erforderlich, auch nach Wirkungsende desLokalanästhetiku*ms. Nichtsdestoweniger kann die lokale oderregionale Nervenblockade das anästhesiologische Verfahren der Wahlsein.

Für Kinder sind Dosierungen individuell unterBerücksichtigung von Alter und Gewicht zu berechnen. Für dieAnwendung zur Anästhesie bei Kindern sollten niedrig konzentrierteLidocainhydro­chlorid 1 H2O -Lösungen (0,5%) gewähltwerden. Zur Erreichung von vollständigen motorischen Blockaden kanndie Verwendung von höher konzentrierten Lidocainhydrochlorid 1H2O-Lösungen (1%) erforderlich sein.

Für ältere Menschen sind Dosierungen individuell unterBerücksichtigung von Alter und Gewicht zu berechnen. Vornehmlichbei älteren Patienten kann eine plötzliche arterielle Hypotensionmit Komplikation bei der Periduralanästehesie mit Lidocain Braun 1%auftreten.

In der geburtshilflichen Periduralanästhesie ist wegen derveränderten anatomischen Verhältnisse eine Dosisreduktion um etwaein Drittel erforderlich.

Art und Dauer der Anwendung

Lidocain Braun 1 % wird in Abhängigkeit vom jeweiligenAnästhesieverfahren intrakutan, subkutan oder zur rückenmarksnahenLeitungsanästhesie peridural inji*ziert, in einem umschriebenenBezirk in das Gewebe eingespritzt (Infiltration) oder inAbhängigkeit von den anatomischen Verhältnissen nach gezielterPunktion lokal appliziert.

Lidocain Braun 1 % sollte nur von Personen mit entsprechendenKenntnissen zur erfolgreichen Durchführung der jeweiligenAnästhesieverfahren angewendet werden.

Grundsätzlich gilt, dass bei kontinuierlicher Anwendung nurniedrig konzentrierte Lösungen von Lidocainhydrochlorid 1H2Oappliziert werden.

Die Injektionslösung ist nur zur einmaligen Entnahmevorgesehen. Die Anwendung muss unmittelbar nach Öffnung der Ampulleerfolgen. Nicht verbrauchte Reste sind zu verwerfen.

4.3 Gegenanzeigen

Lidocain Braun 1 % darf nicht angewendet werden:

Zusätzlich sind die speziellen Gegenanzeigen für die Spinal-und die Periduralanästhesie zu beachten, wie z. B.

  • nicht korrigierter Mangel an Blutvolumen,

  • erhebliche Störungen der Blutgerinnung,

  • erhöhter Hirndruck.

Zur Durchführung einer rückenmarksnahen Anästhesie unter denBedingungen einer Blutgerinnungsprophylaxe siehe unter"Vorsichtsmaßnahmen".

Hinweis

Das Risiko postspinaler Kopfschmerzen, das bei Jugendlichenund Erwachsenen bis ca. 30 Jahren bei der Durchführung derSpinalanästhesie gegeben ist, lässt sich durch die Wahl geeigneterdünner Injektionskanülen deutlich senken.

4.4 Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für dieAnwendung

Lidocain Braun 1 % darf nur mit besonderer Vorsichtangewendet werden bei

  • Nieren- oder Lebererkrankung,

  • Myasthenia gravis,

  • Injektion in ein entzündetes (infiziertes) Gebiet.

Vor einer Lokalanästhesie ist grundsätzlich auf eineausreichende Volumensubstitution zu achten. Bestehende Hypovolämienmüssen behoben werden.

Ist eine Allergie gegen Lidocainhydrochlorid 1H2Obekannt, so muss mit einer Kreuzallergie gegen andereSäureamid-Lokalanästhetika gerechnet werden.

Eine intravenöse Injektion oder Infusion darf nur untersorgfältiger Kreislaufüberwachung erfolgen. Alle Maßnahmen zurBeatmung, antikonvulsiven Therapie und Reanimation müssen vorhandensein.

Bei Anwendung im Hals-Kopf-Bereich besteht ein höhererGefährdungsgrad, weil das Risiko für zentralnervöseIntoxikationssymptome erhöht ist.

Zur Vermeidung von Nebenwirkungen sollten folgende Punktebeachtet werden:

  • Bei Risikopatienten und bei Verwendung höherer Dosierungen(mehr als 25 % der maximalen Einzeldosis bei einzeitiger Gabe)intravenösen Zugang für Infusion anlegen(Volumensubstitution).

  • Dosierung so niedrig wie möglich wählen.

  • In der Regel keinen Vasokonstriktorzusatz verwenden (s.Dosierungsanleitung).

  • Korrekte Lagerung des Patienten beachten.

  • Vor Injektion sorgfältig in zwei Ebenen aspirieren (Drehungder Kanüle).

  • Vorsicht bei Injektion in infizierte Bereiche (aufgrundverstärkter Resorption bei herabgesetzter Wirksamkeit).

  • Injektion langsam vornehmen.

  • Blutdruck, Puls und Pupillenweite kontrollieren.

  • Allgemeine und spezielle Kontraindikationen sowieWechselwirkungen mit anderen Mitteln beachten.

Vor der Injektion des Lokalanästhetiku*ms ist darauf zuachten, dass das Instrumentarium zur Wiederbelebung (z. B. zurFreihaltung der Atemwege und zur Sauerstoffzufuhr) und dieNotfallmedikation zur Therapie toxischer Reaktionen sofortverfügbar sind.

Es ist zu beachten, daß unter Behandlung mitBlutgerinnungshemmern (Antikoagulantien, wie z. B. Heparin),nichtsteroidalen Antirheumatika oder Plasmaersatzmitteln nicht nureine versehentliche Gefäßverletzung im Rahmen der Schmerzbehandlungzu ernsthaften Blutungen führen kann, sondern dass allgemein miteiner erhöhten Blutungsneigung gerechnet werden muss. Ggf. solltendie Blutungszeit und die partielle Thromboplastinzeit (PTT), resp.aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) bestimmt, derQuick-Test durchgeführt und die Thrombozytenzahl überprüft werden.Diese Untersuchungen sollten bei Risikopatienten auch im Falleeiner Low-dose-Heparinprophylaxe (vorsorgliche Behandlung mit demBlutgerinnungshemmer Heparin in niedriger Dosis) vor der Anwendungvon Lidocain Braun 1 % durchgeführt werden. Gegebenenfalls ist dieAntikoagulantientherapie zeitig genug abzusetzten.

Eine Anästhesie bei gleichzeitiger Vorsorgetherapie zurVermeidung von Thrombosen (Thromboseprophylaxe) mitniedermolekularem Heparin sollte nur unter besonderer Vorsichtdurchgeführt werden.

Bei bestehender Behandlung mit nichtsteroidalenAntirheumatika (z. B. Acetylsalicylsäure) wird in den letzten fünfTagen vor der geplanten rückenmarksnahen Anästhesie eine Bestimmungder Blutungszeit als notwendig angesehen.

4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigeWechselwirkungen

Die gleichzeitige Gabe gefäßverengender Arzneimittel führt zueiner längeren Wirkdauer von Lidocain Braun 1 %.Bei gleichzeitigerGabe von Lidocain Braun 1 % und Secale-Alkaloiden(wiez.B. Ergotamin) oder Epinephrinkann ein ausgeprägter Blutdruckabfall auftreten.

Vorsicht ist geboten bei Einsatz von Sedativa, die ebenfalls die Funktiondes ZNS beeinflussen und die toxische Wirkung von Lokalanästhetikaverändern können. Es besteht ein Antagonismus zwischenLokalanästhetika einerseits und Sedativa und Hypnotikaandererseits. Die beiden letztgenannten Medikamentengruppen hebendie Krampfschwelle des ZNS an.

Bei gleichzeitiger Anwendung von Aprindinund Lidocain Braun 1 % isteine Summation der Nebenwirkungen möglich. Aprindin hat aufgrundder chemischen Strukturähnlichkeit mit Lokalanästhetika ähnlicheNebenwirkungen.

Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Therapie mitPropranolol, Diltiazem undVerapamil. Durch eine Abnahme derLidocainhydrochlorid 1 H2O-Clearance kommt es zu einerdeutlichen Verlängerung der Eliminationshalbwertzeit mitKumulationsgefahr.

Die gleichzeitige Anwendung von Erythromycin und Lidocainführte zu einer signifikanten Verlängerung derEliminationshalbwertzeit von Lidocain. Die gleichzeitige Anwendungvon Erythromycin (CYP1A2-Inhibitor), Fluvoxamin (CYP1A2-Inhibitor)und Lidocain führte zu einer Erhöhung derLidocain-Plasmakonzentration. Bei gleichzeitiger Anwendung vonLidocain mit Arzneimitteln, die diese Wirkstoffe enthalten, istdaher Vorsicht geboten, um eine Kumulation von Lidocain zuvermeiden.

Kombinationen verschiedenerLokalanästhetikarufen additive Wirkungenan kardiovaskulärem System und ZNS hervor.

Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Gabe desH2-Antagonisten Cimetidin. Durch eine Abnahme derLeberdurchblutung und Hemmung mikrosomaler Enzyme können bereitsnach Interkostalblockade toxische Lidocain-Plasmaspiegelauftreten.

Die Wirkung nicht depolarisierender Muskelrelaxantien wirddurch Lidocain Braun 1 % verlängert.

4.6 Anwendung während der Schwangerschaft undStillzeit

Eine Anwendung von Lidocain während der Schwangerschaft sollnur erfolgen, wenn es unbedingt erforderlich ist. KontrollierteUntersuchungen an Schwangeren liegen nicht vor. Daten über einebegrenzte Anzahl von exponierten Schwangeren geben keinen Hinweisauf kongenitale Effekte durch Lidocain. Tierexperimentelle Studienhaben Reproduktionstoxizität gezeigt. (s. 5.3)

Lidocain passiert die Plazenta rasch. Bei Neugeborenen mithohen Plasmakonzentrationen kann Lidocain eine Dämpfung des ZNS unddamit eine Senkung des Apgar-Score bewirken.

Lidocain ist in der Geburtshilfe nicht in Konzentrationenüber 1% anzuwenden.

Kontraindiziert ist die Epiduralanästhesie mit Lidocain inder Geburtshilfe bei einer drohenden oder bereits bestehendenBlutung.

Die Verwendung von Lidocain bei der Parazervikalblockade kannzu einer Tachykardie oder Bradykardie des Fötus führen. Eineakzidentielle Injektion in die Subkutis des Fötus während einerParazervikal- oder Perinealblockade kann zu Apnoe, Hypotonie undKrampfanfällen führen und stellt ein lebensbedrohendes Risiko fürdas Neugeborene dar.

Stillzeit

Lidocain geht in geringer Menge in die Muttermilch über. EineGefahr für den Säugling erscheint bei therapeutischen Dosenunwahrscheinlich.

4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und das Bedienenvon Maschinen

Bei operativer, zahnärztlicher oder großflächiger Anwendungvon Lidocain Braun 1 % muss vom Arzt im Einzelfall entschiedenwerden, ob der Patient aktiv am Straßenverkehr teilnehmen oderMaschinen bedienen darf.

4.8 Nebenwirkungen

Die möglichen Nebenwirkungen nach Anwendung von LidocainBraun 1 % entsprechen weitgehend denen anderer Lokalanästhetika vomSäureamid-Typ. Unerwünschte, systemische Wirkungen, die beiÜberschreiten eines Blutplasmaspiegels von 5 bis 10 µg Lidocain proml auftreten können, sind methodisch (aufgrund der Anwendung),pharmakodynamisch oder pharmakokinetisch bedingt. Daher ist derenHäufigkeit und Schwere dosisabhängig. Sie betreffen dasZentralnerven- und das Herzkreislaufsystem (Zu Symptomen, die dasZentralnervensystem betreffen, siehe auch Abschnitt4.9 Überdosierung).

Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgendeHäufigkeiten zugrunde gelegt:

Sehr häufig (≥1/10)

Häufig (≥1/100, <1/10)

Gelegentlich (≥1/1.000, <1/100)

Selten (≥1/10.000, <1/1.000)

Sehr selten (<1/10.000)

Nicht bekannt (auf Grundlage der verfügbaren Daten nichtabschätzbar)

Im einzelnen können folgende Nebenwirkungenauftreten:

Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems

Häufigkeit nicht bekannt (Einzelfallberichte)

Methämoglobinämie

Erkrankungen des Immunsystems

Selten:

Allergische Reaktionen in Form von Urtikaria(Nesselausschlag), Ödemen, Bronchospasmus, Atemnot undKreislaufsymptome

Erkrankungen des Nervensystems

Häufigtreten nach Spinalanästhesievorübergehende Schmerzen in den unteren Extremitäten und im unterenRückenbereich auf. Diese Schmerzen können bis zu 5 Tagen anhalten,klingen aber danach spontan ab.

Seltenkönnen nach zentralenNervenblockaden – hauptsächlich nach Spinalanästhesie –neurologische Komplikationen wie anhaltende Parästhesien oderLähmungen der unteren Extremitäten sowie Inkontinenz auftreten(z.B. Cauda-equina-Syndrom).

Herzerkrankungen

Häufig:

Leichter Blutdruckanstieg infolge der positiven inotropen undchronotropen Wirkung von Lidocain.

Ein Blutdruckabfall kann ein erstes Zeichen für eine relativeÜberdosierung im Sinne einer kardiotoxischen Wirkungsein.

Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden amVerabreichungsort

Häufigkeit nicht bekannt (Einzelfallbericht)

Die Auslösung einer malignen Hyperthermie ist, wie beianderen Lokalanästhetika, auch für Lidocainhydrochlorid 1H2Onicht auszuschließen. Im allgemeinen wird jedoch der Einsatz vonLidocainhydrochlorid 1H2O bei Patienten mit malignerHyperthermie für sicher gehalten, auch wenn
über das Auftreten einer malignen Hyperthermiebei einem Patienten, der Lidocainhydrochlorid 1H2O zurPeriduralanästhesie erhalten hatte, berichtet wurde.

4.9 Überdosierung

a) Symptome einer Überdosierung

Lidocain Braun 1 % wirkt in niedrigen toxischen Dosierungenals zentrales Nervenstimulans, in hohen toxischen Bereichen kommtes zu Depression der zentralen Funktionen. Die Lidocainhydrochlorid1 H2O-Intoxikation verläuft in 2 Phasen:

1. Stimulation

  • ZNS: Periorale Mißempfindungen, Gefühl der tauben Zunge,Unruhe, Delirium, Krämpfe (tonisch-klonisch).

  • Kardiovaskulär: Herzfrequenz erhöht (beschleunigterHerzschlag), Blutdruck erhöht, Rötung der Haut.

2. Depression

  • ZNS: Koma, Atemstillstand.

  • Kardiovaskulär: Pulse nicht tastbar, Blässe,Herzstillstand.

Patienten mit einer beginnenden Lokalanästhetika-Intoxikationfallen zunächst durch exzitatorische Symptome auf. Sie werdenunruhig, klagen über Schwindel, akustische und visuelle Störungensowie Kribbeln, vor allem an Zunge und Lippenbereich. Die Spracheist verwaschen, Schüttelfrost und Muskelzuckungen sind Vorboteneines drohenden generalisierten Krampfanfalls. SubkonvulsivePlasmaspiegel von Lidocainhydrochlorid 1 H2O führen oft auch zuSchläfrigkeit und Sedierung der Patienten. Die Krampfanfälle sindzuerst von klonisch-tonischer Form. Bei fortschreitenderZNS-Intoxikation kommt es zu einer zunehmenden Funktionsstörung desHirnstammes mit den Symptomen Atemdepression und Koma bis hin zumTod.

Ein Blutdruckabfall ist häufig das erste Zeichen einestoxischen Effekts auf das kardiovaskuläre System. Die Hypotensionwird hauptsächlich durch eine Hemmung bzw. Blockade der kardialenReizleitung verursacht. Die toxischen Wirkungen sind jedochklinisch von relativ untergeordneter Bedeutung.

b) Notfallmaßnahmen und Gegenmittel

Bei Auftreten zentraler oder kardiovaskulärer Symptome einerIntoxikation sind folgende Gegenmaßnahmen erforderlich:

  • Sofortige Unterbrechung der Zufuhr von Lidocain Braun 1%.

  • Freihalten der Atemwege.

  • Zusätzlich Sauerstoff zuführen; falls notwendig mit reinemSauerstoff assistiert oder kontrolliert beatmen (zunächst überMaske und mit Beatmungsbeutel, dann erst über einen Trachealtubus).Die Sauerstofftherapie darf nicht bereits bei Abklingen derSymptome, sondern erst dann abgesetzt werden, wenn alleVitalfunktionen zur Norm zurückgekehrt sind.

  • Sorgfältige Kontrolle von Blutdruck, Puls undPupillenweiten.

Diese Maßnahmen gelten auch für den Fall einer akzidentellentotalen Spinalanästhesie, deren erste Anzeichen Unruhe,Flüsterstimme und Schläfrigkeit sind; letztere kann inBewusstlosigkeit und Atemstillstand übergehen.

Weitere mögliche Gegenmaßnahmen sind:

  • Bei einem akuten und bedrohlichen Blutdruckabfall sollteunverzüglich eine Flachlagerung des Patienten und Hochlagerung derBeine erfolgen und ein Beta-Sympathomimetiku*ms langsam intravenösinji*ziert werden (z. B. 10 bis 20 Tropfen einer Lösung von 1 mgIsoprenalin in 200 ml Glukoselösung 5%).

  • Zusätzlich ist eine Volumensubstitution vorzunehmen (z. B.mit kristalloiden Lösungen).

  • Bei erhöhtem Vagotonus (Bradykardie) wird Atropin (0,5 bis1,0 mg i.v.) verabreicht.

  • Bei Verdacht auf Herzstillstand sind die erforderlichenMaßnahmen durchzuführen.

  • Konvulsionen werden mit kleinen, wiederholt verabreichtenDosen ultrakurz-wirkender Barbiturate (z.B.Thiopental-Natrium 25 bis 50 mg) oder mit Diazepam 5 bis 10 mg i.v.behandelt; dabei werden die Dosen fraktioniert bis zum Zeitpunktder sicheren Kontrolle verabreicht.

  • Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, daß in vielen Fällenbei Anzeichen von Krämpfen die obligate Sauerstoffbeatmung zurBehandlung ausreicht.

  • Bei anhaltenden Krämpfen werden Thiopental-Natrium (250 mg)und ein kurzwirksames Muskelrelaxans verabreicht, und nachIntubation wird mit 100 % Sauerstoff beatmet.

Zentral wirkende Analeptika sind kontraindiziert beiIntoxikation durch Lokalanästhetika!

5.Pharmakologische Eigenschaften

5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften

Lidocainhydrochlorid 1 H2O ist ein Lokalanästhetikumvom Säureamid-Typ. Die Base hemmt die Funktionen erregbarerStrukturen, wie sensorische, motorische und autonome Nervenfasernsowie die Erregungsleitung des Herzens. Lidocain hebt reversibelund örtlich begrenzt das Leitungsvermögen der sensiblenNervenfasern auf. Nach der Schmerzempfindung wird in dieserfallenden Reihenfolge die Empfindung für Kälte bzw. Wärme, fürBerührung und Druck herabgesetzt.

Lidocain wirkt außerdem antiarrhythmisch. Es zeigt zusätzlicheine schwache antihistaminerge und parasympatholytische Wirkung. ImGegensatz zu den meisten anderen Lokalanästhetika besitzt Lidocainkeine gefäßerweiternde Wirkung.

Lidocain setzt die Membranpermeabilität für Kationen,insbesondere für Natriumionen, in höheren Konzentrationen auch fürKaliumionen, herab. Dies führt konzentrationsabhängig zu einerverminderten Erregbarkeit der Nervenfaser, da der zur Ausbildungdes Aktionspotentials notwendige, plötzliche Anstieg derNatriumpermeabilität verringert ist. Lidocain dringt vomZellinneren in den geöffneten Na-Kanal der Zellmembran ein undblockiert durch Besetzung der spezifischen Bindungsstelle dessenLeitfähigkeit. Eine direkte Wirkung des in die Zellmembraneingelagerten Lidocain ist demgegenüber von untergeordneterBedeutung. Da Lidocain jedoch, um an seinen Wirkort zu gelangen,zunächst in die Zellen eindringen muss, ist die Wirkung vomPka-Wert der Substanz und vom pH-Wert des Milieus abhängig, alsovom Anteil an ungeladener Base, die besser als die Kationen in dielipophile Nervenmembran permeieren kann. Im entzündeten Gewebe istdie Wirkung aufgrund des dort vorliegenden sauren pH-Wertsherabgesetzt.

Nach intravenöser Gabe verteilt sich die Substanz schnell instark durchbluteten Organen (Herz, Leber, Lunge), gefolgt von einerUmverteilung in die Skelettmuskulatur und dasFettgewebe.

Die Wirkdauer beträgt ca. 30 Minuten.

5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften

Die Halbwertzeit der alpha-Verteilungsphase liegt bei 6 bis 9Minuten.

Nach intramuskulärer Injektion von 400 mgLidocainhydrochlorid 1 H2O (Interkostalblock) wurdeCmaximPlasma mit 6,48 µg Lidocain/mlbestimmt. Die tmaxnach intramuskulärerApplikation wurde zu 5 bis 15 min ermittelt, bei Dauerinfusion wirdder Steady-state-Plasmaspiegel erst nach 6 h (Bereich 5 bis 7 h)erreicht. Therapeutische Wirkspiegel stellen sich aber bereits nach15 bis 60 min ein. Im Vergleich hierzu lagen dieCmax-Werte nach subkutaner Gabe bei4,91µg Lidocain/ml(vagin*lapplikation), bzw. bei 1,95 µg Lidocain/ml (Abdominalapplikation). In einerStudie mit 5 gesunden Probanden wurde 30 min nach maxillar-buccalerInfiltrationsanästhesie mit 36 mg Lidocainhydrochlorid 1H2Oin 2%iger Lösungein Cmax-Wert von durchschnittlich 0,31 µg Lidocain/ml erreicht. Bei Injektion in denEpiduralraum scheint die gemessene maximale Plasmakonzentrationnicht linear abhängig von der applizierten Dosis zu sein. 400 mgLidocainhydrochlorid 1 H2O führten hier zuCmax-Werten von 4,27 µgLidocain/ml bzw. 2,65 µg Lidocain/ml.

Zum pharmakokinetischen Verhalten nach intrathekalerApplikation liegen keine Daten vor.

Die Bioverfügbarkeit nach oraler Aufnahme wurde aufgrund desFirst-Pass-Effektes mit 35 % bestimmt.

Das Verteilungsvolumen beträgt bei Gesunden 1,5l/kg (Bereich 1,3 bis1,7 l/kg), istbei Herzinsuffizienz erniedrigt auf 0,8 bis 1,0 l/kg und bei Leberinsuffizienzerhöht auf etwa 2,3 l/kg. Bei Neugeborenen liegt VDbei 2,7 l/kg.

Lidocain und sein Metabolit Monoethylglycinxylidid passierenlangsam die Blut-Hirn-Schranke. Lidocain wird analpha1-saures Glycoprotein gebunden (60 bis 80%).

Lidocain wird in der Leber durch Monooxygenasen raschmetabolisiert. Hauptrichtung der Biotransformation sind dieoxidative Entalkylierung, Ringhydroxylierung und Amidhydrolyse.Hydroxyderivate werden konjugiert. Insgesamt werden etwa 90 % derverabreichten Dosis zu 4-Hydroxy-2,6-xylidin,4-Hydroxy-2,6-xylidinglucuronid und in geringerem Maß zu den nochwirksamen Metaboliten Monoethylglycinxylidid und Glycinxylididmetabolisiert, die aufgrund ihrer längeren Halbwertzeit besondersbei längerdauernden Infusionen und bei Niereninsuffizienzkumulieren können. Bei Lebererkrankungen kann dieMetabolisierungsrate auf 10 bis 50 % des Normalwertsabfallen.

Lidocain und seine Metaboliten werden renal eliminiert. DerAnteil an unveränderter Substanz beträgt etwa 5 bis 10%.

Die Eliminationshalbwertzeit liegt bei 1,5 bis 2 h beiErwachsenen bzw. 3 h bei Neugeborenen. Sie kann bei schwererHerzinsuffizienz auf 4 bis 10 (bis 12) h , bei chronischalkoholgeschädigter Leber auf 4,5 bis 6h verlängert sein. DieHalbwertzeiten der beiden noch wirksamen MetabolitenMonoethylglycinxylidid und Glycinxylidid liegen bei 2 bzw. 10 h.Die Halbwertzeiten von Lidocain und Monoethylglycinxylididverlängern sich bei Patienten mit Myokardinfarkt, ebenso dieHalbwertzeit von Glycinxylidid bei Herzinsuffizienz nach einemHerzinfarkt.

Bei Niereninsuffizienz wurden Plasmahalbwertzeiten fürGlycinxylidid von etwa 10 h, für Lidocain von 2 bis 3hgemessen. Bei wiederholter intravenöser Applikation von Lidocainbesteht in den genannten Fällen die Gefahr einerKumulation.

Die Eliminationsgeschwindigkeit ist pH-abhängig und wirddurch Ansäuern des Harns erhöht. Die Clearance liegt bei0,95 l/min.

Lidocain überwindet die Plazenta mittels einfacher Diffusionund erreicht wenige Minuten nach Applikation den Feten. DasVerhältnis der fetalen zu maternalen Serumkonzentration liegt nachepiduraler Applikation bei 0,5 – 0,7. Nach Infiltration desPerineums und paracervikaler Blockade wurden deutlich höhereKonzentrationen im Nabelschnurblut gemessen. DieEliminationshalbwertszeit von Lidocain beim Neugeborenen nachEpiduralanästhesie der Mutter beträgt ungefähr drei Stunden, nachInfiltration des Perineums und paracervikaler Blockade war Lidocainnoch über 48 Stunden im Urin der Neugeborenennachweisbar.

Lidocain wird mit der Muttermilch ausgeschieden.

5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit

Es liegen zahlreiche Untersuchungen an unterschiedlichenTierarten zur akuten Toxizität von Lidocain vor. Anzeichen einerToxizität waren ZNS-Symptome. Dazu zählten auch Krampfanfälle mittödlichem Ausgang. Die beim Menschen ermittelte toxische(kardiovaskuläre oder zentralnervöse Symptome, Krämpfe)Plasmakonzentration von Lidocain wird mit5μg/ml bis 10 μg/ml Blutplasmaangegeben.

Mutagenitätsuntersuchungen mit Lidocain verliefen negativ.Dagegen gibt es Hinweise, dass ein bei der Ratte, möglicherweiseauch beim Menschen aus Lidocainentstehendes Stoffwechselprodukt,2,6-Xylidin, mutagene Wirkungen haben könnte. Diese Hinweiseergeben sich aus In-vitro-Tests, in denen dieser Metabolit in sehrhohen, fast toxischen Konzen­trationen eingesetzt wurde. Darüberhinaus zeigte 2,6-Xylidin in einer Kanzerogenitätsstudie an Rattenmit transplazentarer Exposition und nachgeburtlicher Behandlung derTiere über 2 Jahre ein tumoriges Potential. In diesemhochempfindlichen Testsystem wurden bei sehr hohen Dosen bösartigeund gutartige Tumoren vor allem in der Nasenhöhle (Ethmoturbinalia)beobachtet. Da eine Relevanz dieser Befunde für den Menschen nichthinreichend sicher auszuschließen ist, sollte Lidocain nicht überlängere Zeit in hohen Dosen verabreicht werden.

Studien zur Reproduktionstoxizität ergaben keinen Hinweiseauf teratogene Eigenschaften. Allein eine Reduzierung desFetalgewichtes wurde beobachtet. Bei Nachkommen von Ratten diewährend der Trächtigkeit eine Dosis Lidocain erhielten, die fastder für den Menschen empfohlenen Maximaldosis entspricht, wurde vonVerhaltensänderungen berichtet.

6.Pharmazeutische Angaben

6.1 Liste der sonstigen Bestandteile

Natriumchlorid,
Natriumhydroxid,
Wasser für Injektionszwecke

6.2 Inkompatibilitäten

Lidocain Braun 1 % ist mit natriumhydrogencarbonathaltigenLösungen und anderen alkalischen Lösungen inkompatibel und darfdaher nicht mit diesen gemischt werden.

6.3 Dauer der Haltbarkeit

Glasampulle: 3 Jahre

Polyethylenampulle (Mini-Plasco): 2 Jahre

6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen fürdie Aufbewahrung

6.5 Art und Inhalt des Behältnisses

Glasampullen: 10 x 5 ml

Polyethylenampullen (Mini-Plasco): 10 x 5 ml

20 x 5 ml

100 x 5 ml (als 5 x 20 x 5ml)

6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung undsonstige Hinweise zur Handhabung

Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial istentsprechend den nationalen Anforderungen zu entsorgen.

Nur klare Lösungen in unversehrten Behältnissenverwenden.

7.Inhaber der Zulassung

B. Braun Melsungen AG

Carl-Braun-Str. 1

34212 Melsungen

Postadresse:

34209 Melsungen

Telefon: (0 56 61) 71 - 0

Telefax: (0 56 61) 71 - 45 67

8.Zulassungsnummer

6697662.00.00

9.Datum der Erteilung der Zulassung / Verlängerung derZulassung

14. 07. 1998 / 14. 07. 2003

10. Stand der Information

Juni 2013

Verkaufsabgrenzung

verschreibungspflichtig

8a1fa9d78c881fe76b977c2b4ca1821d.rtf - B. Braun Melsungen AG / DE -

Lidocain Braun 1% - Fachinformation (2024)

References

Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Dong Thiel

Last Updated:

Views: 5962

Rating: 4.9 / 5 (79 voted)

Reviews: 86% of readers found this page helpful

Author information

Name: Dong Thiel

Birthday: 2001-07-14

Address: 2865 Kasha Unions, West Corrinne, AK 05708-1071

Phone: +3512198379449

Job: Design Planner

Hobby: Graffiti, Foreign language learning, Gambling, Metalworking, Rowing, Sculling, Sewing

Introduction: My name is Dong Thiel, I am a brainy, happy, tasty, lively, splendid, talented, cooperative person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.